Don´t ask your Customer
Schmecken Ihnen eigentlich getrüffelte Seeallgen? Und wie viel wären Sie bereit, für ein selbstfahrendes Auto auszugeben? Und möchten Sie eigentlich gerne mal Urlaub auf einer Bohrinsel machen? Natürlich ist Marktforschung nicht so plump und die Herangehensweise an den Kunden geschickter und psychologisch ausgereift. Aber was hätten Sie im Jahre 2005 beispielsweise auf die Frage geantwortet: „Würden Sie ein iPhone kaufen?“ Die ersten iPhones kamen im Jahr 2007 auf den Markt. Was hätten Sie also vermutlich zwei Jahre früher geantwortet? Wenn Sie damals nicht zu den Apple-Jüngern gehörten, hätten Sie vermutlich geantwortet, dass Sie ohne ein iPhone bestens leben könnten und kein solches Gerät benötigten. Und heute, nur wenige Jahre später? Ist für viele von uns das iPhone ein fester Bestandteil des täglichen Lebens und ein ständiger Begleiter, und wie selbstverständlich nutzen wir die Funktionalitäten, die noch vor Kurzem für uns neu waren. Seien Sie also froh, dass Steve Jobs damals seine Kunden nicht befragt hat!
Natürlich ist dies nicht die ganze Wahrheit. Es macht sehr wohl Sinn, seine Kunden zu befragen, wenn es um Verbesserungen, Erweiterungen und Optimierungen geht. Kundenorientierung ist essenziell bei Verbesserungsinnovationen. Der Kundenkreis kann hierbei wertvolle Unterstützung leisten und sollte in jedem Fall Gehör finden. Grundlage dieser Form einer Kundenbefragung ist das Bekannte, und hierfür ist der Kunde ein Experte.
Bei Produkten und Dienstleistungen hingegen, die der Kunde nicht kennt und nicht recht einschätzen kann und die ihm heute augenscheinlich keinen Grund geben, sie zu kaufen, sollten sie auf Kundenbefragungen nur vorsichtig vertrauen. Können wir von unseren Kunden erwarten, dass diese uns bei der Beurteilung einer neuen Sache zuverlässig Hilfestellung geben können? Können wir von Außenstehenden erwarten, dass sie uns zu etwas tatsächlich Neuem raten werden? Oder ist es nicht so, dass es unsere Aufgabe ist, die Kunden an unser Neues heranzuführen? Den Kunden unser Denken zu erklären, ihnen zu verdeutlichen, welche Vorteile ihnen das Neue bietet. Den Kunden Angebote zu unterbreiten, statt von Kundenseite Aufforderungen zu erwarten. Den Kunden führen und verführen. Dies ist kein Aufruf, das Neue bewusst an Kundenbedürfnissen vorbei zu entwickeln. Sondern es ist ein Aufruf, die Verantwortung für Neues nicht auf die Kunden abzuschieben. Es ist ein Aufruf, den (vermeintlichen) Kundenwünschen nicht blind zu folgen und sich wie Lemminge kollektiv von der Klippe zu stürzen. Hören Sie Ihren Kunden gut zu und dann gestalten Sie. Stellen Sie sich vor, wie Ihre Kunden das Neue nutzen, wie sie es anwenden und wie sie das Neue inspiriert und begeistert. Die Initiative und die Ausgestaltung des Neuen müssen von Ihnen selbst kommen, die Bilder müssen in Ihrem Inneren entstehen. Sie müssen Ihr Inneres preisgeben und mit den Kunden Ihre Sicht der Welt teilen. Sie sind Vermittler, Sie zeigen neue Betrachtungsweisen auf.
Das Neue muss stes auch richtig verkauft werden. Dem Kunden muss aufgezeigt werden, dass unser Neues seine Wünsche erfüllt oder ein Problem lösen kann. Dabei ist es manchmal erforderlich, ein Wunsch- und Problembewusstsein erst zu schaffen. Dabei sollten wir die Messlatte an das Neue gerne hochlegen. Michelangelo soll einmal gesagt haben: „Die größte Gefahr besteht für die meisten von uns nicht darin, ein Ziel hoch anzusetzen und zu scheitern. Sondern es zu niedrig anzusetzen und zu erreichen.“
Der Kunde hat nicht immer recht, schon gar nicht bei Neuem.