Erfolgreich positioniert – Die Robert-Lembke-Frage

freundschaftsdienst01„Welches Schweinderl hätten Sie denn gerne“ ist das häufigste Überbreibsel einer heiteren Ratesendung aus den 1970er Jahren – die Erfahrenen unter Ihnen werden sich erinnern! „Was bin ich“ , galt es damals heraufzufinden, und die Sendung ist aus heutiger Sicht mit das Verstaubteste, was das deutsche Fersehen je hervorgebracht hat. Trotzdem ist die Frage „Was bin ich“ für Unternehmen heute mehr denn je relevant, jedenfalls in einem leicht abgewandelten Kontext. Harvard-Star Michael Porter hat die Frage in den 1980er Jahren aufgegriffen und in seinen bekannten generischen Strategien beantwortet:

Ein Unternehmen, welches am Markt Erfolg haben möchte, sollte sich demnach klar positionieren, als Kosten- und Preisführer (wie beispielsweise Discounter), in einer Nische (als Fachgeschäft) oder durch eine klare Differenzierung vom Wettbewerb. Die meisten Unternehmen versuchen sich in Differenzierung, nicht immer konsequent und mit Erfolg. Differenzierung lebt von „Singularität“ und Singularität ist alles, für was Kunden bereit sind, mehr Geld auszugeben. Das ist natürlich Marke, eine besondere Qualität (Bio), Geschwindigkeit (Amazon Prime), Status (Business Class),  Komfort (Erste Klasse) oder auch Sicherheit (Lufthansa), Vertrauen (Hipp) , um nur einige Erscheinungsformen zu nennen. Singularität ist kein objektiver USP, es ist eine individuelle Bereitschaft, mehr für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu bezahlen.

Klingt soweit alles verständlich und logisch – warum schreibe ich darüber? Weil die Anwendung in der Praxis selten richtig gut funktioniert, meist aus 2 Gründen: Der erste ist, dass Unternehmen meist davon überzeugt sind, dass die eigene Produktqualität, Markenstärke, das Team und der Service überdurchschnittlich sei,  sprich, es natürlich jede Menge Singularität aufweise – die meisten Kunden das Unternehmen diesbezüglich jedoch als „durchschnittlich“ betrachten und daher auch nur begrenzt bereit sind, für die Produkte des Unternehmens einen Mehrpreis zu zahlen.  Die zweite Realität ist, dass Unternehmen oft gar nicht wissen (wollen), weshalb der Kunde eigentlich wirklich von ihnen kauft. Mit der Folge, dass das Unternehmen die „falschen“ Eigenschaften bewirbt: Überraschend selten sind es – aus Kundensicht – die Produkteigenschaften selber, weshalb derKunde bei einem Unternehmen kauft. Viel häufiger sind es Aspekte wie „weil es funktioniert“, „weil der Service passt“, „weil ich euch vertraue“, die ich als Antwort bekomme, wenn ich mit dem Aussendienst eines Mandanten bei dessen Kunden sitze und wir diesen nach seinen Kaufgründen befragen.

Sind Sie sich im Klaren, weshalb Ihre Kunden tatsächlich bei Ihnen kaufen? Wie oft fragen Sie danach? Und sind Sie sicher, dass Sie Ihren Kunden „echte“ Differenzierungsangebote bieten? Beides ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Vertrieb und ein effizientes Marketing.

Meine Empfehlung: Gehen Sie regelmäßig zurück an den Start und stellen Sie sich als Unternehmen die Robert-Lemke-Frage: „Was  bin ich“, „wie sehen uns unsere Kunden“ und „für was zahlen unsere Kunden wirklich“? Und haben Sie den Mut, Ihre Positionierung bei Bedarf anzupassen. Und: Hüten Sie sich besonders vor den gerne genommenen Mittelpositionen. Brav in der Mitte positioniert zu sein ist meist die schlechsteste aller Möglichkeiten, fragen Sie gerne nach bei Karstadt, Hertie, Kaufhof oder auch Opel und Ford. Porter warnt vor „Stuck in the Middle“ – ich nenne solche Positionierungen „Leipziger Allerlei“.